Regenwaldschutz braucht langen Atem
Seit den 80ern warten die Nadöb in unserer Partnerregion am Rio Negro auf die Anerkennung ihrer Landrechte. 2005 wurde das Gebiet schließlich als indigenes Territorium deklariert, 17 Jahre später erfolgte am 28.04.2023, 2 Tage vor dem 36-jährigen Jubiläum der FOIRN, nun endlich die Homologierung und damit die offizielle Anerkennung des Gebiets durch den brasilianischen Staat.
Im Vergleich zu den meisten anderen Völkern der Region leben die Nadöb großteils nomadisch und versorgen sich zumeist durch Jagd, Fischerei und Tauschhandel. Immer wieder werden sie jedoch durch illegalen Drogenhandel sowie andere externe Gefahren bedroht. Ihr Territorium frei nach ihren traditionellen Bräuchen nutzen zu können, ohne Angst vor illegalem Raubbau ist für kürzlich kontaktierte Völker wie die Nadöb daher besonders wichtig. Dies ist jedoch nur möglich, wenn die rechtlichen Rahmenbedingungen geklärt und das Siedlungsgebiet offiziell durch den Staat anerkannt wird. Diese offizielle Anerkennung wird auch Homologierung genannt und hier bewiesen die Nadöb wahrhaft langen Atem. Bereits 1982 wurde die erste Arbeitsgruppe zur Absteckung der Gebietsgrenzen ins Leben gerufen. Die Erfassungsarbeiten wurden schließlich 1993 abgeschlossen – doch hatte man einen wichtigen Teil des Territoriums und knapp 20% der heute anerkannten Fläche vergessen.
Video: Marivelton Baré, aktueller Präsident der FOIRN, bedankt sich für die Unterstützung der Gemeinden, Städte und Länder hin zu diesem wichtigen Schritt für die Region.
Anerkennungsstopp unter Bolsonaro
Während der gesamten Amtszeit des brasilianischen Ex-Präsidenten Jair Bolsonaro wurde die Homologierung indigener Territorien komplett ausgesetzt. Der neue Präsident Lula versprach mehrfach, die ausständigen Anerkennungsprozesse der restlichen Territorien im Laufe seiner Amtszeit abzuschließen. Zum Höhepunkt des landesweit größten Treffens indigener Vertreter:innen, dem Acampamento Terra Livre im April 2023, wurden schließlich die ersten 6 Gebiete homologiert. Darunter auch das Gebiet der Nadöb, das unter dem Namen „T.I. Uneuixi“ firmiert.
Wichtiger Meilenstein für den Rio Negro
„Dieser Akt bedeutet für uns einen historischen Meilenstein für die indigene Bewegung des Rio Negro angesichts jahrelanger Kämpfe. Dies zeigt das ernsthafte Engagement der Regierung Lulas, aber die Herausforderung endet damit noch nicht. Weitere Territorien müssen vom Staat anerkannt werden, besonders in der Region um Santa Isabel“, erklärte Marivelton Barroso Baré, Präsident der Klimabündnis-Partnerorganisation FOIRN.
Unterstützung aus Österreich
Die Anerkennung des Gebiets ist auch ein wichtiger Meilenstein im Zuge des aktuellen Dreijahresprojekts, welches durch österreichische Gemeinden, Städte und Bundesländer gefördert wird. Damit wurde nun eine Fläche, die mehr als doppelt so groß ist wie Vorarlberg, langfristig unter Schutz gestellt. Um die nun offiziell anerkannten Landrechte noch stärker zu untermauern, erhält das Gebiet der Nadöb im aktuellen Projekt auch einen sog. Territorial- und Umweltmanagementplan. Darin enthalten sind kulturelle, wirtschaftliche und soziale Besonderheiten der Region, die es zu berücksichtigen gilt. Das Dokument ist rechtsgültig und regelt die Nutzung durch die Indigenen Bewohner:innen.
Indigene Landrechte = Regenwaldschutz
Die Anerkennung der Landrechte indigener Völker ist ein wesentlicher Schritt zum Klima- und Artenschutz. Denn Indigene Völker verwalten mehr als ein Viertel der globalen Landmasse, folgen dabei jedoch keiner marktwirtschaftlichen Logik. Eine kürzlich veröffentlichte Studie aus dem Fachmagazin Nature Sustainability zeigt, dass die landwirtschaftliche Nutzung der indigenen Territorien durch deren Bewohner:innen nicht zur Entwaldung beiträgt. Industrialisierte Landwirtschaft hat im Gegenzug dazu jedoch leider meist einen Rebound-Effekt zur Folge. Überall, außer in indigenen Territorien, nimmt die Abholzung zu, wenn die Landwirtschaft intensiver wird. „In indigenen Territorien wurde der Wald trotz des Intensivierungstrends weniger stark abgeholzt“, zeigt die Studie.
Drohende Gefahren erfordern kontinuierliche Unterstützung
Die Vergangenheit zeigt, dass die Begleitung der Projektpartner FOIRN und ISA am Rio Negro ein Langzeitprojekt ist. Sich ständig ändernde politische und gesetzliche Rahmenbedingungen sowie die immer knapper werdende Zeit zum Erreichen des 2-Grad-Ziels drohen immer wieder, die bisherigen Erfolge zunichtezumachen. Auch globale Bestrebungen des Regenwaldschutzes durch Emissionszertifkate und CO2-Handel könnten zukünftig zur Bedrohung für die Bevölkerung werden. Die Unterstützung durch die Klimabündnis-Gemeinden, - Städte und Bundesländer ist also heute wichtiger denn je, um die FOIRN institutionell zu stärken, die Landrechte klar festzuhalten und alternative Wirtschaftsmodelle zu entwickeln, die Zukunftsperspektiven für die indigene Jugend ermöglichen.